Die Erste Jüdische Gedenkwoche in Görlitz

Vom 4. bis zum 7. November 2021 besuchten wir Görlitz, um Teil der ersten Jüdischen Gedenkwoche Görlitz zu sein.

Die Gedenkwoche ging von der Görlitzer Amerikanerin Lauren Leiderman und ihrem Buchprojekt »Das Poesiealbum von Eval Goldberg« aus. Eva Goldberg ist als junges Mädchen mit ihrer Familie aus Görlitz vor der Shoah geflohen. Während ihrer Flucht führte Eva ein Poesiealbum, das die Flucht bis in die USA dokumentiert. In Amsterdam hat Eva Goldberg auch Anne Frank kennengelernt, die sich im Buch verewigt hat. Lauren Leiderman hat das Buch wiederentdeckt und es für eine Veröffentlichung vorbereitet. Es wurde auch ins Englische und Polnische übersetzt. Gemeinsam mit der Hillerschen Villa in Zittau hat das DAI Sachsen die Veröffentlichung des Buches beim Leipziger Hentrich & Hentrich Verlag vorangetrieben. DAI Sachsen kam für den größten Teil der Finanzierung des Buches auf. Der Rest wird durch ein Crowdfunding finanziert.

Während ihren Recherchen für das Poesiealbum entdeckte Lauren Leiderman das Potenzial des Buches. Sie suchte nach denjenigen Familien, die sich im Poesiealbum verewigt hatten und spürte auf diesem Wege in der ganzen Welt dutzende Menschen auf, deren Familiengeschichte nach Görlitz reicht. So zeigt dieses Buch nicht nur die durch die Shoah verlorengegangen jüdischen Geschichten in Görlitz und Umgebung auf, sondern verweist auch auf die transatlantischen Geschichten, die von Sachsen aus erzählt werden können. Die meisten Familien sind nämlich in die USA ausgewandert und leben noch heute dort.

Daraus entstand die Idee für die erste Jüdische Gedenkwoche Görlitz. Über 20 Nachfahren der vertriebenen Jüdinnen und Juden aus Görlitz wurden zu diesem Anlass nach Görlitz eingeflogen.


Die Jüdische Gedenkwoche Görlitz 2021

Am 4. November wurde die Woche in der Görlitzer Synagoge eröffnet. Dort erzählten die Nachfahren von ihren Familiengeschichten, was sie mit Görlitz verbindet und wo ihre Familie heute lebt. Durch Fotos, Landkarten, Videonachrichten und persönliche Anekdoten nahmen die Nachfahren die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung mit auf eine Reise voller wundervoller Erinnungen einerseits und schrecklicher Familienschicksale während der Shoah andererseits.

Die Nachfahren der jüdischen Gemeinde Görlitz leben heute in der ganzen Welt. Die meisten von ihnen in den USA.

Am 5. November begleiteten wir die Gruppe der Nachfahren bei insgesamt 15 Stolpersteinverlegungen. 12 davon wurden in Görlitz verlegt. Drei dieser Stolpersteine ehren Eva Goldberg und ihre Familie. Ihre Stolperstein sind die ersten im polnischen Teil der Europastadt, Zgorzelec.

Die Stolpersteinverlegung wurde mit großem Interesse der Stadtbevölkerung und MedienvertreterInnen verfolgt.

Die ersten drei Stolpersteine in Zgorzelec ehren Eva Goldberg und ihre Familie.

Am 6. November besuchten wir Rothenburg/Tormersdorf. Im dortigen Durchgangslager wurden während der Shoah 55 Jüdinnen und Juden ermordet. Andere wurden von dort in Konzentrationslager weitertransportiert. Viele der anwesenden Nachfahren verbindet eine persönliche Familiengeschichte mit diesem Ort. Gemeinsam mit Rabbi Dr. Shlomo Tikochinsky legten die Teilnehmenden 55 Blumen nieder, um den ermordeten Jüdinnen und Juden zu gedenken.

Rabbi Dr. Shlomo Tikochinsky gedenkt mit den Anwesenden den ermordeten Jüdinnen und Juden in Tormersdorf.

Am 7. November wurde das Poesiealbum von Eva Goldberg in der Synagoge Görlitz veröffentlicht. Dabei lasen Menschen, die sich selbst in das Buch eingetragen haben und ihre Nachfahren aus dem Poesiealbum vor. Auch die ehemalige Nachbarin von Eva Goldberg, Elfi Löffler, las ihren eigenen Eintrag vor, den sie als Kind in das Album gemacht hat.

DAI Sachsens Geschäftsführer Eric W. Fraunholz nahm während des Events an einer Paneldiskussion teil und erörterte, warum das Poesiealbum so wichtig für die transatlantische Bildungsarbeit in Sachsen ist und warum das DAIS die Veröffentlichung des Buches unterstützt hat. Das Buch sei ein wichtiges kulturelles Artefakt, das nicht nur die unbegreifliche Geschichte der Shoah näherbringt und deshalb in der Bildungsarbeit, vor allem in Schulen, unschätzbaren Wert hat, sondern das auch aufzeige, dass Görlitz und Sachsen eine tiefgehende transatlantische Geschichte hat, die erzählt werden muss.

Eine besondere Ehre war es für das DAI Sachsen, dass unser Geschäftsführer an diesem Abend das Schlusswort hatte. Er erklärte, dass das DAI Sachsen zwar an der Veröffentlichung und der Jüdischen Gedenkwoche Görlitz beteiligt war, die Woche jedoch vor allem von den Geschichten der jüdischen Familien aus und in Görlitz lebt.

Durch die Jüdische Gedenkwoche Görlitz erreichten wir hunderte von Menschen, um die Geschichte der Shoah in Sachsen zu erzählen, auf heutigen Antisemitismus aufmerksam zu machen und transatlantische Verbindungen in Sachsen aufzuzeigen, die oft wenig Aufmerksamkeit erhalten. Diese Arbeit werden wir im kommenden Jahr weiter mit unseren Projektpartnern vor Ort, der Hillerschen Villa in Zittau und dem Kulturbüro Görlitz, vorantreiben.


Pressestimmen

DAI Sachsens Geschäftsführer Eric Fraunholz wurde zur Jüdischen Gedenkwoche Görlitz MDR Sachsenspiegel interviewed.


Radio Blau interviewte DAIS’ Eric W. Fraunholz, Felix Pankonin von der Hillerschen Villa und Lauren Leiderman für ein Feature über die Jüdische Gedenkwoche Görlitz.


Die Sächsische Zeitung berichtete ausführlich über die Woche:

Die Jüdische Allgemeine berichtete

Der Oberlausitzer Kurier berichtete